Ende der Bäckerei

In wenigen Tagen geht in Großwenkheim eine mehr als hundertjährige Tradition zu Ende. Die Bäckerei Dannhäuser öffnet am 30. Mai zum letzten Mal ihre Ladentür. Bereits am Dienstag, 2. Juni 2009 präsentiert sich an anderer Stelle eine neue Bäckereifiliale.

 

Der „Thereser-Hof", nur wenige Meter nördlich der Pfarrkirche am Rande des Dorfweihers „Weth" gelegen, zählt zu den eindrucksvollsten Fachwerkhäusern in Großwenkheim. Sein geschichtlicher Ursprung geht bis ins 10. Jahrhundert zurück. Besitzer waren größtenteils die Klöster Theres und Maria Bildhausen. Am 21. August 1893 kaufte Nikolaus Dömling das Gebäude und errichtete darin eine Bäckerei. Der „Dömlings-Beck", wie er im Dorf genannt wurde, versorgte die Bevölkerung damals weitgehend mit Brot. Durch Einheirat erwarb Paul Dannhäuser 1930 die Bäckerei. Sein Sohn Siegfried, der mit 22 Jahren schon Bäckermeister war, führte das Geschäft zusammen mit Ehefrau Gertrud, ab 1960 weiter. Durch Umbau und Modernisierung, 1960 hatte Siegfried Dannhäuser den damals modernsten Backofen einbauen lassen, wurde die Bäckerei größer und das Angebot an Backwaren aller Art breitgefächert. Die Bäckerei Dannhäuser war in Großwenkheim und den umliegenden Ortschaften ein Begriff und ein besonders wichtiger und geschätzter Versorgungsbetrieb. Aus gesundheitlichen Gründen verpachtete Siegfried Dannhäuser die Bäckerei 1986 an Paul Schaller. 1994 überschrieb Dannhäuser das Anwesen und die Bäckerei an seinen Sohn Paul. Paul Schaller aus Bayreuth suchte nach seiner Meisterprüfung 1980 zusammen mit seiner Frau Christine eine eigene Bäckerei. Über die Fachzeitschrift wurde in Großwenkheim fündig. Seit 1. Juni 1986 haben die Schallers die Bäckerei Dannhäuser gepachtet. Ihre Backwaren waren bei der einheimischen Bevölkerung, umliegende Orte wurden beliefert, sowie bei Arbeitern und Schulkindern schon in den frühen Morgenstunden begehrt. Am Samstag, 30. Mai 2009 öffnen Paul und Christine Schaller zum letzten Mal die Ladentür. Damit geht nach fast auf den Tag 106 Jahren eine Tradition in Großwenkheim zu Ende. Nach über einem Jahrhundert wird hier kein Brot mehr zum Verkauf gebacken.

Hauptgrund für das Ende der Bäckerei ist das Auslaufen des Pachtvertrags und mit 59 Jahren möchte Paul Schaller keine neue langfristige Bindung mehr eingehen, zumal hohe Investitionssummen nötig wären. „Außerdem", so Schaller, „sind 45 Jahre in diesem anstrengenden Beruf wohl genug." Als „mitarbeitender Chef" dürfe er nicht krank werden und das zehrt im Laufe der Jahre schon an den Kräften und der Gesundheit. Die notwendigen Investitionskosten, die er getragen hätte, sieht auch Besitzer Paul Dannhäuser als Hauptgrund, weshalb ein junger Bäcker gerade in der jetzigen Krisenzeit das Risiko eines langen Pachtvertrags nicht eingehen könne. Auch für ihn selbst als gelernten Bäckermeister lohne sich der Aufwand zeitlich nicht mehr, denn er stehe nahe der 50er Altersgrenze.

Paul und Christine Schaller denken gerne an die 23 Jahre in Großwenkheim zurück. „Großwenkheim und seine Umgebung und die vielen Kunden waren eine besondere Bereicherung für mich. Die Kunden, die ich stets gerne bedient und mit denen ich nette Gespräche geführt habe, werde ich schon vermissen", so Christine Schaller. Ihr Mann blickt spontan auf einige besondere Ereignisse zurück. 1988 war die 1200-Jahr-Feier des Ortes. Im Jahre 1994 musste er kräftig zulangen, als er für den größten Knödel der Welt der Reservistenkameradschaft Großwenkheim 200 Kilogramm Mehl für Brot und Brötchen verarbeiten musste. Als weitere Höhepunkte nennt er die zahlreichen Vereinsfeste, „auch wenn sie immer mit viel zusätzlicher Arbeit verbunden waren." Als Fußballliebhaber verfolgte er stets mit großem Interesse das Auf und Ab des Fußballclubs. „Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge aus Großwenkheim weg, aber das lachende überwiegt nach 45 Berufsjahren doch", meint Paul Schaller nach kurzem Nachdenken. Die Schallers werden nach Gesees bei Bayreuth ins Elternhaus von Christine Schaller ziehen. „Hier kann ich endlich meinem großen Hobby, der Gärtnerei, nachgehen", freut sich Paul Schaller auf den neuen Lebensabschnitt. Ganz abreißen werden die Kontakte nach Großwenkheim nicht, denn Sohn Oliver wohnt mit Familie im nahegelegenen Saal a. d. Saale.

Auch wenn in Großwenkheim kein Brot und keine Brötchen mehr für den gewerblichen Zweck gebacken werden, die zweite Versorgungsstelle neben der Firma Roos im Nah und Gut Markt Sotier, wird bereits am Dienstag, 2. Juni 2009, ihre Arbeit aufnehmen. Im ehemaligen Schulgebäude in Großwenkheim eröffnet die Bäckerei Silvio Lehmann aus Münnerstadt nach Bad Bocklet und Dittelbrunn ihre dritte Filiale.

Foto: Die Bäckerei Dannhäuser in Großwenkheim wird nach 106 Jahren geschlossen.